SMS Chats

Tausende suchen in SMS-Chats nach der großen Liebe - und zahlen viel Geld dafür. Nun klärt erstmals ein Gericht die Frage: Handelt es sich dabei um Betrug?
Gefunden hat er sie im Fernsehen. Beim Musiksender MTV, irgendwann nachts in einer Werbepause. Schön ist sie, blond, schlank - und sie lächelt nur für ihn. Ihr Name: Julia. Ihr Alter: 20. "Sende ,Julia' an fünfmal die Fünf", sagt die freundliche Stimme in dem Werbespot. Und also tippt er "J-U-L-I-A" auf den Tasten seines Handys - und schickt die SMS los. Julia antwortet, sofort. Sie flirtet, sie fragt, sie erzählt. Und so fliegen die elektronischen Nachrichten durch die Nacht, hin und her. Jede einzelne kostet ihn 1,99 Euro.
SMS-Chat-Betreiber vor Gericht Traumfrau für 1,99 Euro
Betrug oder legitimes Geschäft: Der nun beginnende Prozess soll die Frage klären, ob die Geschädigten tatsächlich im Glauben an die große Liebe auf die SMS-Flirts eingingen. (© Foto: dpa)
In Wirklichkeit heißt Julia gar nicht Julia. 20 Jahre alt ist sie vermutlich auch nicht, blond schon gar nicht. Und vielleicht noch nicht mal eine Frau. Julia ist nur die Rolle irgendeines Animateurs, der gerade Dienst hat. Was für manch einen die Hoffnung auf die große Liebe ist, ist für die Anbieter nichts anderes als ein großes Geschäft: SMS-Chat nennt man das, und die bringen Geld. Viel Geld.
Für die Kieler Staatsanwaltschaft ist das weder Liebe noch Geschäft - sondern Betrug. Deshalb müssen sich von diesem Donnerstag an sechs Betreiber solcher gebührenpflichtigen Chats vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kiel verantworten. Drei von ihnen sitzen bereits seit Ende 2008 in Untersuchungshaft.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: gewerbsmäßiger Bandenbetrug - so steht es in der Anklageschrift. Die Beschuldigten sollen seit 2005 massenhaft E-Mails verschickt haben - mit immer demselben Versprechen: Hier könne man Beziehungen, Partnerschaften mit anderen Teilnehmern eingehen, der Kontakt liefe ganz einfach per SMS - für 1,99 Euro das Stück.
Der Knackpunkt in dem nun beginnenden Prozess ist: Glaubte der Flirtwillige tatsächlich an die blonde, schöne, junge Julia und an die große Liebe? Dann wäre er wohl tatsächlich betrogen worden - und das ist die Meinung der Staatsanwaltschaft.
Oder musste der Kontaktsuchende damit rechnen, dass Julia nicht wirklich existiert, sondern eigentlich - sagen wir - Rolf, Lena oder Boris heißt und nicht im Mindesten an einer echten Beziehung mit ihm interessiert war? Dann wäre es ein Geschäft, auf das er sich bewusst eingelassen hätte - nicht anders, als wenn er bei einer gebührenpflichtigen Sexhotline angerufen hätte.
Wie das Geschäft läuft, weiß Boris Hager, der eigentlich ganz anders heißt, aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. An manchen Tagen, so viel ist sicher, heißt er auf jeden Fall Julia und ist 20 Jahre alt. Zumindest für die Sehnsüchtigen da draußen an den Handys, irgendwo in Deutschland. Manchmal ist er auch Manuela und 30 Jahre alt, "ich muss alles sein", sagt er.
Es ist sein Job, er arbeitet für einen SMS-Chat-Anbieter. Sein Auftrag: Den Kontaktsuchenden in einen SMS-Dauerdialog zu verwickeln. Eine Software speichert genau den bisherigen Dialog ab - so kann, wenn die Schicht von Boris Hager vorbei ist, ohne Probleme ein anderer in die Rolle von Julia, 20, oder Manuela, 30, schlüpfen.
Will ein Sehnsüchtiger mal die Stimme von Julia oder Manuela hören, säuselt Boris Hager per SMS: "Ich schick' dir meine Nummer." Aber das klappt dann irgendwie nicht, die Nummer kommt nur zerstückelt oder verdreht beim Gegenüber an. Tja, auf die moderne Technik ist eben kein Verlass, könnte man meinen. Dabei ist auch das ein Trick - und das Ziel klar: Der Fern-Verliebte soll sich erneut per SMS bei Julia oder Manuela alias Boris Hager melden und 1,99 Euro dafür bezahlen. "In vielen Fällen klappt das auch", sagt Hager.
In Kiel laufen nun zwei Verfahren gegen die Anbieter solcher SMS-Chats, es sind die ersten dieser Art in Deutschland, und die Dimension ist riesig: Jahrelang haben Fahnder Fakten gesammelt, die Anklageschrift soll über 220 Seiten dick sein.
Außerdem: "Gegen weitere 260 Beschuldigte sind Ermittlungsverfahren eingeleitet worden", erklärt Oberstaatsanwalt Uwe Wick. Er spricht von einer Million Geschädigten, die sehnsüchtige SMS für insgesamt 57 Millionen Euro durch Deutschland geschickt haben. Tatsächlich - das Geschäft mit der Sehnsucht nach der großen Liebe scheint ein einträgliches zu sein.
Hoffnung auf Urteil mit Signalwirkung
Doch weil es die ersten Verfahren dieser Art sind, wird es wohl dauern, bis es zu einem Urteil kommt. Der Richter hat vorsorglich zahlreiche Verhandlungstermine angesetzt. "Schnell wird es leider nicht gehen", vermutet auch Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.
Zu ihm und seinen Kollegen sind mehrere Geschädigte in der Vergangenheit gekommen - mit horrenden Mobilfunkrechnungen in der Hand. "Wir hoffen sehr, dass die Anbieter nun zur Verantwortung gezogen werden", sagt Hagen und hofft: "Ein entsprechendes Urteil hätte Signalwirkung und würde Nachahmer abschrecken."
Boris Hager ist mittlerweile ausgestiegen. Der Umgang in der Branche sei ihm zu hart geworden, sagt er. Er mag nicht mehr Julia, 20, sein, und Manuela, 30, auch nicht. Kein Problem für seinen ehemaligen Arbeitgeber: Hagers Job dürften mittlerweile andere übernommen haben.
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